Preisträger:innen

2023

Preisträgerin: Dr. Lisa Dücker

Dissertation: Das Zusammenspiel von Belebtheit, semantischer Rolle und syntaktischer Funktion bei der Entwicklung der satzinternen Großschreibung im Deutschen. Eine korpuslinguistische Analyse von frühneuhochdeutschen Hexenverhörprotokollen

Die festliche Preisverleihung fand auf der 15. Jahrestagung der Gesellschaft 2023 in Passau statt.

2021

Preisträgerin: Dr. Sarah Ihden

Dissertation: Relativsätze im Mittelniederdeutschen. Korpuslinguistische Untersuchungen zu Struktur und Gebrauch

Die festliche Preisverleihung fand in Präsenz auf der 14. Jahrestagung der Gesellschaft 2022 in Dresden statt.

2019

Preisträgerin: Dr. Verena Sauer

Dissertation: Dialektgrenzen – Grenzdialekte. Die Struktur der itzgründischen Dialektlandschaft an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Berlin, New York: De Gruyter (LIT 78).

Die Dissertation ist im Bereich der jüngeren Sprachgeschichte angesiedelt. Sie geht der Frage nach, ob durch die politische Teilung entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze innerhalb des itzgründischen Dialektraums (um die Orte Coburg und Sonneberg) eine neue Dialektgrenze entstanden ist oder nicht. Dazu wird die Entwicklung der dialektgeographischen Struktur des Untersuchungsgebiets anhand eines Real-Time-Vergleichs von Daten aus älteren und neueren Dialektkorpora sowie eines Apparant-Time-Vergleichs von umfangreichen, selbst erhobenen Daten genau untersucht. Neben der traditionellen dialektgeographischen Herangehensweise verfolgt Verena Sauer einen wahrnehmungsdialektologischen Ansatz, sie fragt also danach, wie die Gewährspersonen den Dialektraum wahrnehmen. Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass der itzgründische Dialektraum sowohl auf dialektgeographischer als auch auf wahrnehmungsdialektologischer Ebene homogen geblieben ist; es sind also keine neuen Dialektgrenzen entstanden. Dies führt die Verfasserin auch auf die jahrhundertelange gemeinsame Geschichte des Untersuchungsgebiets zurück, die den Raum nachhaltiger prägte als der relativ kurze Zeitabschnitt der politischen Teilung durch die deutsch-deutsche Grenze.

Wie in einem der Gutachten betont wird, ist die Arbeit „als bedeutsamer Beitrag zu der aktuellen Diskussion über die Entwicklung von Sprachen und Dialekten in Grenzräumen einzustufen. Es handelt sich um eine hervorragende Arbeit, die methodisch neue Maßstäbe setzt. Das hier eingesetzte mehrschichtige Untersuchungsverfahren (synchron und diachron, auf Dialektperzeption und -produktion bezogen) hat sich als äußerst zielführend erwiesen und kann als Modell für künftige Forschungen in diesem Bereich dienen.“

Verena Sauer studierte von 2007 bis 2013 an der Technischen Universität Dresden die Fächer Deutsch und Politik für das Lehramt. Im Herbst 2013 begann sie ihr Promotionsstudium in Dresden bei Prof. Dr. Karlheinz Jakob. Im Frühjahr 2018 schloss Frau Sauer ihre Promotion an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel bei Prof. Dr. Markus Hundt ab. Seit April 2018 ist sie hier als PostDoc am Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft tätig.

 

2017

Preisträgerin: Dr. Marie-Luis Merten

Dissertation: Literater Sprachausbau kognitiv-funktional: Funktionswort-Konstruktionen in der historischen Rechtsschriftlichkeit

Die Dissertation geht der Rekonstruktion grammatischer Wandelprozesse, die als Phänomene des literaten Ausbaus gefasst werden, nach. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Entwicklungen rund um Funktionswort-Konstruktionen der mittelniederdeutschen Rechtsschriftlichkeit. Diese Schriftdomäne stellt einen für Textualisierungs- bzw. Verschriftlichungsphänomene aufschlussreichen Bereich dar. Mit Blick auf das in der Arbeit entworfene historisch-grammatische Programm werden die fokussierten Funktionswort-Konstruktionen als schriftsprachliche Form-Funktions-Kopplungen, die sowohl kognitive Gestalten als auch sozial geteilte Größen sind, verstanden. Sie sind Teil eines sich ausdifferenzierenden kommunalen Konstruktikons der spätmittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Recht-Schreiber, ein sprachgemeinschaftliches Netzwerk an Konstruktionen, das – wie die Dissertation anhand zahlreicher Beispiele zeigt – an Komplexität zunimmt. Entscheidend ist dabei v. a. die sich bestätigende Annahme, dass einem Wandel auf Praktikenebene – etwa der Wegfall der Vorlesesituation vor der städtischen Gemeinschaft – ein ebensolcher Wandel auf der konstruktionalen Ebene korrespondiert. Die Gutachten betonen nicht nur, dass die Arbeit fraglos als ein zentrales „Referenzwerk für zukünftige Arbeiten zur Grammatik des Mittelniederdeutschen“ einzustufen sei, sondern auch, dass es sich „bei der Zusammenführung unterschiedlicher Theorie- und Beschreibungstraditionen um eine innovative, eigentlich über eine Dissertation hinausweisende Leistung“ handle. So werden am historischen Beispiel umfassende Einsichten in die kognitive und soziale Funktionalität von Grammatikalität vermittelt.

Marie-Luis Merten absolvierte ihr Linguistik-Studium (M.A.) 2013 an der Universität Paderborn. Ihre Promotion erfolgte 2016, ihre Doktormutter ist Prof. Dr. Doris Tophinke. Bis Anfang 2017 arbeitete Frau Merten als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Paderborn, seit Februar 2017 ist sie als PostDoc im DFG-Projekt „InterGramm“, einem interdisziplinären Digital Humanities-Forschungsprojekt (u. a. unter Leitung von Prof. Dr. Doris Tophinke), tätig.

 

2015

Preisträgerin: Dr. Anna-Maria Balbach

Dissertation: Sprache und Konfession: Frühneuzeitliche Inschriften des Totengedächtnisses in Bayerisch-Schwaben

Frau Dr. Anna-Maria Balbach hat an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Germanistik und katholische Religion für das Lehramt studiert und mit dem ersten Staatsexamen abgeschlossen. Promoviert wurde sie 2013, ihr Doktorvater war Prof. Dr. Jürgen Macha. Während ihrer Promotionsphase arbeitete sie u.a. für das Exzellenzcluster, Projekt C19 „Zwischen Religion und Politik: Konfessionalisierung der Sprache in der Frühen Neuzeit?“ (Leitung: Prof. Dr. Jürgen Macha). In diesem Kontext entstand auch ihre Dissertationsschrift, die im Jahr 2014 im Ergon Verlag als Bd. 9 in der Reihe Ergon – Religion und Politik erschienen ist.

Die Dissertationsschrift geht der Frage nach, ob sich die Prozesse der Konfessionalisierung auch auf den schriftlichen Sprachgebrauch der Frühen Neuzeit ausgewirkt haben. Untersuchungsobjekt ist dabei ein Korpus von deutschen Inschriften des Totengedächtnisses aus Bayerisch-Schwaben, eine Textsorte, die bislang sprachhistorisch noch kaum zur Kenntnis genommen worden ist und die durch ihren engen Bezug zum religiösen Bereich besonders geeignet für die Fragestellung erschien. Es kann gesagt werden, dass die Sprache als ureigenes Ausdrucksmittel des Menschen in den Jahrhunderten von Reformation und Gegenreformation und auch darüber hinaus nicht unberührt von konfessionellen Einflüssen blieb. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession zog auch die Präferenz bestimmter sprachlicher Formen und Varietäten nach sich.

 

2013

Preisträgerin: Dr. Kathrin Dräger

Dissertation: Familiennamen aus dem Rufnamen Nikolaus in Deutschland

Frau Dr. Kathrin Dräger hat nach einer Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau bis 2006 Neuere und Neueste Geschichte, Sprachwissenschaft des Deutschen und Wissenschaftliche Politik studiert und als Magistra Artium abgeschlossen. Promoviert wurde sie im Jahr 2012. Ihr Doktorvater ist Konrad Kunze. Kathrin Dräger ist als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am DFG-Projekt „Deutscher Familiennamenatlas“ am Deutschen Seminar der Universität Freiburg tätig. In diesem Kontext ist auch die Dissertationsschrift anzusiedeln, die in diesem Jahr als Band 7 in der Reihe „Regensburger Studien zur Namenforschung“ publiziert wurde.

Die für den Peter von Polenz-Preis ausgewählte Dissertation beschäftigt sich mit einem einzigen Rufnamen, dem Namen Nikolaus, insbesondere in seiner Verwendung als Familienname, als Patronym. Der Name zeichnet sich einerseits durch seine vielen Varianten aus, andererseits durch seine Häufigkeit. So tragen fast 300.000 Personen in Deutschland einen Familiennamen, der gesichert auf den Rufnamen Nikolaus zurückgeht. Mit der Dissertation wurde erstmals der Bestand sowohl von heutigen Familiennamen aus einem bestimmten Rufnamen erfasst als auch von historischen Ruf- sowie Bei- und Familiennamenbelegen, die verstreut in den Lexika und regionalen Namenbüchern aufgeführt sind. Wie die Bibliographie der Arbeit zeigt, ist Literatur speziell zu Patronymen relativ selten und auch oft veraltet. Kathrin Dräger kann in ihrer Arbeit eindrücklich belegen, dass diese Literatur, auf die wir uns seit Jahrzehnten stützen, nicht selten wenig zuverlässig ist. Die Verfasserin unterzieht sowohl die Rufnamenvarianten als auch die daraus entstandenen Familiennamenformen einer sprachlichen Analyse nach Grammatik und Etymologie, was in dieser Weise vorher noch nie systematisch und in solcher Ausführlichkeit für Familiennamen aus einem bestimmten Rufnamen geleistet worden ist. Neu ist ferner, dass sowohl rezente als auch historische Belege nebeneinander untersucht werden.

Eines der Gutachten attestiert der Arbeit, „ein Meilenstein der neueren Namenforschung“ zu sein. In einem weiteren Gutachten wird betont, dass die Dissertationsschrift „als Anstoß und Maßstab für weitere Studien […] nicht nur im deutschen, sondern auch in anderen Sprachräumen dienen“ kann, „ebenso als Grundlage für ein längst fälliges modernes Familiennamen-Lexikon.“ Der hohen Wertschätzung kann sich die Jury nur anschließen. Zwischen den mit dem traditionell anmutenden Titel versehenen Buchdeckeln verberge sich eine methodisch innovative, sprachlich klare und so auch für einen breiteren Leserkreis anregende Studie zu einem Thema, zu dem längst nicht – wie angenommen – alles gesagt worden war, zu dem Fehlerhaftes richtig gestellt und noch nicht erschöpfend Untersuchtes in einem befriedigenden und erschöpfenden Ausmaß auf wissenschaftlich sehr hohem Niveau dargelegt ist, wobei vor allem auch die ungemeine Akribie hervorzuheben ist, mit der die Preisträgerin sich des Themas annimmt.